Guten Tag! Merhaba! as-salamu aleikum! Österreich wird sprachlich und kulturell gesehen immer internationaler. 2016 lebten durchschnittlich 1,898 Millionen Menschen mit Migrationshintergrund in Österreich. Neben deutschen und serbischen Staatsangehörigen auf Platz eins und zwei bildet die türkische Migrationsgruppe auf Platz drei knapp 182.000 Personen.
Aufgrund der Zuwanderung von Geflüchteten kommen seit 2015 und 2016 auch Menschen aus Afghanistan und Syrien unter die „Top 10“ der in Österreich lebenden ausländischen Staatsangehörigen. Die Zahlen machen deutlich, dass durch die Zunahme an internationalen Patient:innen das österreichische Gesundheitswesen vor neuen Herausforderung steht.
Im Folgenden steht interkulturelles Arbeiten in der Physiotherapie im Fokus. Aber welche kultursensiblen Zugänge bietet die Physiotherapie überhaupt? Und welche Kompetenzen brauche ich? Kultur ist jedenfalls ein wesentlicher Faktor, wenn es um Erwartungen und Krankheitsverständnis geht. Sie beeinflusst also die Interaktion zwischen Patient:innen und Therapeut:innen. Aber wie beachte ich das am besten? Und wie kann mir ausgerechnet eine Therapiesoftware mit internationalen Patient:innen helfen?
Physiotherapie zwischen den Kulturen
Das praktische Arbeiten mit Menschen anderer soziokultureller Herkunft erfordert spezielle Fertigkeiten. Für den Erfolg der Therapie benötigst man deshalb interkulturelle Kompetenzen. Das heißt, dass man sich erstens über die eigene Kultur im Klaren sein sollte. Zweitens ist der Abbau von Ängsten gegenüber anderen Kulturen wichtig und drittens ist die Bereitschaft zur Interaktion entscheidend.
Interkulturelles Arbeiten in der Physiotherapie bedeutet, dass man Patient:innen mit Migrationshintergrund immer wertneutral begegnet. Die Europäischen Kernstandards für die physiotherapeutische Praxis stellen ebenfalls den Respekt vor der Würde aller Menschen ins Zentrum der Beziehung zwischen Patient:in und Therapeut:in.
Mit anderen Worten hängt das physische und psychische Wohlbefinden der Patient:innen davon ab, wie wertfrei die Behandelnden mit folgenden Faktoren umgehen:
- Berufliche und wirtschaftliche Verhältnisse
- Ethnische Zugehörigkeit
- Geschlecht
- Sexuelle Orientierung
- Religion
- Behinderung
- Alter
- Politische Orientierung
- Gesundheitliche Verfassung
Eine kompetente Behandlung baut darauf auf, inwieweit der Therapeut/die Therapeutin diese Werte in den täglichen Austausch mit Patient:innen einfließen lässt.
Auf der Suche nach gemeinsamer Verständigung
Für ein erfolgreiches interkulturelles Arbeiten in der Physiotherapie ist es hilfreich, sich bestimmte Denkweisen anderer Kulturen anzusehen. Was sind gängige Verhaltensmuster? Welche Regeln gibt es bei der Kommunikation? Wie sind die jeweiligen Krankheitskonzepte? Ein Beispiel hierfür stellt die türkisch-muslimische Bevölkerung in Österreich dar.
Obwohl hier natürlich wieder ein wertneutrales Denken im Vordergrund steht, ergeben sich dennoch eine Reihe von Herausforderungen. Immerhin sind unter türkischen Migranten nur 54 Prozent berufstätig. Außerdem weisen Frauen mit einer Quote von 39 Prozent eine sehr niedrige Erwerbsbeteiligung auf. Der Alltag dieser Frauen zeichnet sich oft durch finanzielle Abhängigkeit, soziale Isolation und mangelnde Schulbildung aus. Durch dieses Wissen sind Therapeut:innen in der Lage, Empathie für die Patient:innen zu entwickeln und dabei gleichzeitig eine professionelle Distanz zu wahren.
Darauf aufbauend schafft der Therapeut/die Therapeutin eine gemeinsame kommunikative Basis für eine gelungene Therapie. Dieser kultursensible Ansatz gilt übrigens auch für andere Berufsgruppen wie Ergotherapeut:innen, Heilpraktiker:innen oder Logopäd:innen.
Medientechnologie und interkulturelles Arbeiten in der Physiotherapie
Den kulturellen Background eines Menschen zu berücksichtigen, ist die eine Sache, eine andere ist die Sprachbarriere. Die möglicherweise anfangs eingeschränkte sprachliche Kompetenz von Patient:innen beeinflusst die Qualität des Therapiegesprächs. In der Folge fällt die Anamnese oft kürzer aus und weist im Vergleich zu deutschen Muttersprachler:innen häufiger Lücken auf.
Der Einsatz eines Dolmetschers/einer Dolmetscherin ist gerade beim ersten Kennenlernen ein großer Vorteil. Dabei sollten jedoch keine Familienmitglieder übersetzen, da sie Informationen oft nicht eins zu eins weitergeben bzw. wiedergeben können.
Zudem ist der Einsatz von Medientechnologie ein wichtiges Hilfsmittel, um sprachliche Barrieren zu überwinden. Die Therapiesoftware synaptos bildet den gesamten Prozess der therapeutischen Arbeit ab. Somit zeigt der Therapeut/die Therapeutin den Patient:innen beispielsweise auf dem Tablet, welche Einheit gerade aktuell ist, wann der nächste Termin ist oder wie sich der Schmerzverlauf entwickelt. Die Therapiesoftware erleichtert das Finden eines gemeinsamen Nenners, denn auch das Krankheitsverständnis kann sich von Kultur zu Kultur unterscheiden.
Therapiesoftware bietet universelle Verständigung
Möglicherweise haben die neu in Österreich lebenden Menschen eine ganzheitliche Sichtweise in Bezug auf eine Krankheit. Das heißt, dass nicht nur eine bestimmte Körperregion, sondern der ganze Mensch betroffen ist.
Durch das gemeinsame Setzen von Symbolen auf der interaktiven Körperkarte lernen die Patient:innen die persönliche Arbeitsweise kennen. Die Therapiesoftware zeigt den Patient:innen visuell und ohne Sprachbarriere, welche Körperregion Defizite aufweist.
Somit werden die Patient:innen mit dem jeweiligen Therapieansatz des Therapeuten/der Therapeutin vertraut gemacht und sind daher über die Behandlung im Bilde.
Weiters kann auch das Empfinden von Schmerzen unterschiedlich wahrgenommen werden. Das Wahrnehmen von Schmerzen umfasst ebenfalls den ganzen Körper oder drückt die Angst vor neuen Schmerzen aus. Die Therapiesoftware synaptos erleichtert den kulturübergreifenden Dialog. Das gemeinsame Erfassen von Schmerzen auf der VAS-Skala gleicht mögliche sprachliche Herausforderungen aus. Patient:innen konzentrieren sich auf das Arbeiten mit der Therapiesoftware und vergessen dabei sprachliche Unsicherheiten.
Die erfassten Messwerte dienen im Laufe der Einheiten immer wieder als gemeinsamer Anhaltspunkt für ein erfolgreiches interkulturelles Arbeiten in der Physiotherapie.